Lyocell – zwischen Natur und Kunst

Lyocell – zwischen Natur und Kunst

Lyocell – zwischen Natur und Kunst

Was hat hartes, nicht besonders kuscheliges Holz mit weich fallendem Stoff zu tun? Eine Menge!

Aus Eukalyptus- oder Buchenholz lässt sich dank  moderner Entwicklungen eine Faser herstellen, die stark an Seide erinnert.  Sie lässt sich auch in zahlreichen anderen Varianten verwenden. Meist begegnet  uns die Faser unter dem Namen Tencel. Das ist der Markenname, unter dem  die Firma Lenzing Lyocell vertreibt. Weil sie dabei den Markt anführt ist es  nicht verwunderlich, dass Tencel und Lyocell das gleiche verbindet wie  Tempo und Taschentuch.  

Ein junges Material

Blog-Beitrag-Lyocell-zwischen-Natur-und-Kunst-Nachhaltige-Materialien-Lyocell-Baum

Die Entwicklung der Faser ist noch gar nicht so lange her. Schon in den 90er Jahren hat die Firma Lenzing die besagte Faser hergestellt. Ein  konkurrierendes Unternehmen produzierte ebenfalls Tencel.

Seit 2004 hat die Firma durch die Übernahme der Konkurrenz ein Monopol in der Produktion  und beliefert Länder weltweit.  

Weiter gehts mit der Herstellung

Blog-Beitrag-Lyocell-zwischen-Natur-und-Kunst-Nachhaltige-Materialien-Lyocell-KreislaufUm ein so weiches Material, wie Lyocell, herzustellen, wird das Holz zunächst zerkleinert.  Die erhaltenen Holzchips werden eingeweicht, um die darin enthaltene  Zellulose zu lösen. Der gewonnene Zellstoff wird nun mit Wasser unter der Verwendung von dem Lösungsmittel NMMO zu einem Faserbrei gemischt.  

Das dabei verwendete Lösungsmittel NMMO (N-Methylmorpholin-N-oxid) ist organisch und ungiftig, reizt allerdings Haut und Augen. Deshalb wird bei der Produktion viel Wert auf Gesundheitsschutz gelegt.

Wenn nun unter Vakuum ein Teil der Feuchtigkeit aus dem Faserbrei  entzogen wird entsteht eine Spinnlösung. Diese kann durch Spinndrüsen  gepresst werden. Die gewonnenen Fasern werden zu Faserkabeln zusammengefasst und können so weiterverarbeitet werden. (1)

Mit dieser Art der Herstellung liegt Lyocell zwischen Natur- und Kunstfasern. Das beste daran: Trotz der chemischen Behandlung wird die Umwelt  dadurch kaum belastet. Der größte Teil der genutzten Chemikalie wird immer  wieder verwendet und fällt damit der Umwelt nicht zur Last. (2)
Bereits im Jahre 2000 wurde Lenzing für den einzigartigen  Herstellungsprozess mit dem „Technologiepreis für nachhaltige Entwicklung“  ausgezeichnet. (3)

Reserviert für Fair Fashion?

Das hört sich nach einem innovativen Material für die Slow und Fair Fashion Industrie an. Marken wie Knowledge Cotton Apparel, bleed und Kings of  Indigo nutzen die Faser in ihren Kollektionen. Von den großartigen Eigenschaften wollen aber auch Marken, die Fast  Fashion herstellen profitieren. So finden wir Tencel auch bei H&M, Levis und  Marco Polo. Dabei muss es nicht immer 100% reines Lyocell sein. (4)

Die Fasern lassen sich mit anderen Rohstoffen mischen, um die  gewünschten Eigenschaften auszubauen oder zu stärken. So können zum  Beispiel dehnbarere Stoffe durch Zugabe von Elasthan hergestellt werden. Das macht die Faser so vielfältig einsetzbar und attraktiv für viele Hersteller. Knallige Farben sind überhaupt kein Problem für Tencel, die Faser behält  auch nach einigen Waschgängen noch ihre Intensität. (5)

Ein echtes Multitalent

Auch wir haben viel davon, wenn wir Tencel in unserer Wohnung einen Platz  geben. Das ist vielen verschiedenen Formen möglich. Leichtere Stoffe eignen sich für Sommermode. Der Stoff bringt nämlich eine  kühlende Wirkung mit sich. Das liegt an der hervorragenden  Aufnahmefähigkeit von Feuchtigkeit. Diese wird schnell ins Faserinnere  transportiert und ebenso schnell wieder abgegeben.  Feste Stoffe lassen sich zu robusteren Textilien verarbeiten. Sportbekleidung und Unterwäsche profitieren von der hohen  Atmungsaktivität der Faser.

Für Allergiker hat Tencel einen ganz besonderen Vorteil parat: Wie schon beschrieben wird Feuchtigkeit besonders schnell aufgenommen, es bildet sich zudem kein feuchter Film auf der Faser. Dadurch wird  Bakterien der Nährboden entzogen und eine Ausbreitung schon im Keim  erstickt. Das macht besonders die Bettwäsche sehr beliebt. (6)

Sogar unsere Umwelt hat etwas davon, wenn mehr und mehr Lyocell den  Weg in unseren Alltag findet. Lenzing selbst gibt an, dass die Herstellung der Lyocell-Fasern nur ein Drittel der Wassermenge benötigen wie die Herstellung von Viscosefasern. Ihr Ziel ist es außerdem, möglichst viel Wasser in der Produktion wiederzuverwenden. (7)

Sollte das Kleidungsstück nach längerer Zeit doch abgetragen sein kann es  tatsächlich kompostiert werden. Es zerfällt, ohne dabei schädliche Stoffe zu  hinterlassen. Lenzing gibt eine Verfallsdauer von 16 Wochen an, binnen dieser Zeit ist das Gewebe vollständig abgebaut. (8)

Damit aber alles möglichst lange hält, gibt es ein paar nützliche Pflege- und Waschtipps.

Das weiche Material wird am besten im Schonwaschgang bei maximal 40  Grad gereinigt, um die Fasern vor unnötiger Hitze zu schützen. 
Bei besonders feinen Textilien kann ein Wäschesäckchen helfen, um  Schäden zu verhindern. Diese können durch Reißverschlüsse, Knöpfe oder  Häkchen an Verschlüssen entstehen. 
Tencel/Lyocell ist eine moderne Alternative zu Natur- und Kunstfasern und  hilft beim Schritt in eine nachhaltigere Zukunft.

 

Autor

ThinxGreen Autorin Annika Schönicke
Annika Schönicke
(alle Zeichnungen in diesem Artikel wurden von Annika handgezeichnet)

Quellen

(1) www.chemie-schule.de

(2)-(4) www.tencel.com

(5) www.tencel.com

(6) www.lamodula.de

(7) www.tencel.com

(8) Biodegradability of wood-based cellulose fibers