Blog-Beitrag-Interviews-soulbottles

Patrick Boadu von Soulproducts

Patrick Boadu von Soulproducts

Die pure Inspirationsquelle

Blog-Beitrag-Interviews-soulbottles-Patrick-Boadu

Der Werdegang von Patrick Boadu ist faszinierend und ungewöhnlich. Vor seiner aktuellen Geschäftsführerposition bei Soulproducts GmbH hat er die halbe Welt bereist und hat sich in den Bereichen Entwicklungspolitik, Gesellschaftsentwicklung und soziale Innovationen engagiert und mehrere Forschungsprojekte begleitet. Bei Soulproducts hat er seinen unternehmerischen Hafen in Berlin gefunden treibt hier als Geschäftsführer und Teamleiter die Themen Marketing, Sales und Kommunikation. Im Interview erzählt uns Patrick von seiner Leidenschaft für Philosophie und Unternehmertum und wie ein Unternehmen es schaffen kann allen Mitarbeitern gleichverteilt zu gehören.

 

Hi Patrick, kannst du dich in ein paar wenige bis vielen Sätzen vorstellen? Welche Person sitzt hier vor mir?

Hi, ich bin Patrick Boadu und bin seit 6 Jahren bei Soulproducts dabei. Eine Besonderheit hier ist, dass ich kein Gründer bin, d.h. ich kann dir heute leider diesen Gründercharme nicht aus erster Hand liefern. Trotzdem bin ich eine sehr zentrale Person innerhalb unseres Teams. Ich bin nach einem Job im entwicklungspolitischen Bereich aus Brasilien nach Berlin gezogen. Damals bin ich noch davon ausgegangen, dass ich mich wieder im politischen Bereich engagiere oder bewerbe. Aber wie es der Zufall immer so will kam alles anders. Vorher war ich vielen unterschiedlichen Bereich unterwegs, habe auch lange an der Uni geforscht in den Bereichen Gesellschaftsentwicklung, Stadtentwicklung, soziale Innovation, Urban space. Viel im städtischen Bereich und war hier an Forschungsprojekten in den USA und in ganz Europa unterwegs. Ich habe in Münster, Lissabon und Brasilien studiert und bin in Norddeutschland an verschiedenen Orten aufgewachsen.

Woher kommt dieses politische und soziale Engagement, die Motivation deinen Beitrag zu liefern dass sich Strukturen positiv verändern auf der Welt?

Ich bin Sohn eines geflüchteten Menschen aus Ghana, Afrika. Somit bin ich viel mit den Themen Rassismus, Diskriminierung und ungleiche Startbedingungen in der Gesellschaft konfrontiert worden. Meine Eltern haben sich irgendwann getrennt und ich habe sehr intensiv miterlebt wie es meiner Mutter alleinerziehend ergangen ist. Als Frau und Mutter muss man viel auszuhalten und das Leben ist grundlegend um einiges beschwerlicher. Es waren viele Dinge präsent, welche meinen Blick geschärft haben für soziale Gerechtigkeit, eines meiner persönlichen Kernthemen. Meine Wahrnehmung war schnell dafür geschärft, dass diese liberale Ideologie, dieses - man muss sich einfach nur anstrengen, nur dies machen nur das dann kommt alles von allein - eine völlige Farce ist. Der Einsatz von Menschen für andere Menschen, für die Natur, für das gemeinsame Überleben, das gemeinsame Vorankommen ist essentiell. Mir ist auch sehr wichtig, dass ich nicht als so ein Ökohippie wahrgenommen werde. Ich versuche diese Themen auch unternehmerisch anzugehen, Geschäftsführer und Unternehmer zu sein. Ich glaube, dass die Art und Weise wie wir Wert erschaffen und zu welchem Zweck muss sich grundlegend ändern. Die anderen Bereich, das Soziale, die Gouvernance, das Ökologische folgt logischerweise dann nach. Wir sollten die Instrumente, welche unserer Gesellschaft zur Verfügung stehen wie z.B. Unternehmen und Organisationen nutzen.

Du hattest ursprünglich nicht diesen unternehmerischen Weg geplant. Wie bist du trotzdem bei Soulproducts gelandet?

Ich bin rekrutiert worden von einer Freundin. Sie hat mir damals von diesem jungen Start-up erzählt und da war gerade Not am Mann aufgrund des Weihnachtsgeschäfts. Sie hatte Probleme die ganzen Bestellungen zu verpacken und zu verschicken. Ich habe dann einfach ausgeholfen und bin nach und nach mit diesen neuen Werten und Methoden in Berührung gekommen. Zu schauen ob das Unternehmen Gutes für den Planeten machen kann, orientiert an einer Vision. Super nette Leute, super geiles Essen (Bio, Vegan). Soulproducts wollte mit seinen Produkten Menschen davon überzeugen weniger Plastikmüll zu produzieren. Das hat mir sehr zugesagt und ich wollte natürlich auch durch die Arbeit etwas dazuverdienen. Ich war zwar davor nicht so krass fokussiert auf das Thema Plastikmüll, aber weniger Abfall, weniger Verbrauch lag mir schon immer am Herzen. Ich habe immer öfters ausgeholfen, erst Päckchen gepackt, irgendwann After Sales und dann beim Sales gelandet. Irgendwann ist die Idee sich woanders zu bewerben in den Hintergrund gerückt. Mittlerweile bin ich Mitgesellschafter/Mithafter, das ist in unserem System der Geschäftsführerposten aber ohne größere Rechte als die anderen Mitglieder der Organisation. Daneben bin ich der Teamlead für Marketing, Sales und Kommunikation und kümmere mich stark um unseren Impact, die Impactmessung, d.h. was machen wir Gutes für die Welt aber auch was wir für einen Schaden an der Umwelt und dem Planeten ausüben. ​

Kannst du diese spannenden, neuen Methoden, diese spezielle Gestaltung der Organisation noch detaillierter darstellen?

Wir nennen diese Unternehmensform Holocracy. Im Fokus steht die Selbstorganisation, Vertrauen, Transparenz, ständiges Arbeiten an der Organisation und das man auch mal die Rolle wechseln kann. Mittlerweile sind wir auf die Organisationsform SoleOS umgestiegen. Alle Daten sind intern transparent, welche datenschutzrechtlich offen gelegt werden dürfen. Wir vertrauen auch allen Mitarbeitern selbstorganisatorisch an, wichtige Entscheidungen selbst zu treffen. Eigenverantwortlich arbeiten wir gemeinsam an dem Projekt, wir besitzen das Unternehmen gemeinsam. 2018 sind wir ein Purposeunternehmen geworden, das bedeutet dass der Besitz von den Gründern auf das Team übergegangen ist und auch dauerhaft an das Unternehmen gebunden ist. Das heißt man kann nur Mitbestimmungsrechte bei uns halten, wenn man auch einen Arbeitsvertrag mit der Soulproducts GmbH hat. Die Purposestiftung setzt sich für diese neuartige Unternehmensform des Verantwortungseigentums ein. Wir lobbyieren fleißig mit damit es irgendwann nicht mehr so kompliziert ist so eine Unternehmensform anzunehmen wie für uns. Wir mussten das noch mit Hilfe von einer Stiftung und sehr viel Aufwand, Zeit und Geld für Anwälte und Notare durchziehen. Verantwortungseigentum ist nicht nur für kleine Hippieklitschen interessant sondern auch für z.B. Handwerksbetriebe die Sorge haben wie sie die Nachfolgeregelung hinbekommen oder auch die großen Firmen die sich dauerhaft einen Sinn oder Zweck verschreiben wollen. „Der Einsatz von Menschen für andere Menschen, für die Natur, für das gemeinsame Überleben, das gemeinsame Vorankommen ist essentiell"

Was sind deine Inspirationsquellen? Wo ziehst du deine Trigger heraus (Bücher, Podcasts, andere Unternehmen, Persönlichkeiten, etc.)

Das ist immer eine super spannende Frage und hat sich im Verlauf meines bisherigen Lebens immer wieder entwickelt. Mir ging es nie schlecht aber ich komme auch nicht aus einer Akademikerfamilie. Mich inspirieren da auf jeden Fall meine Verwandten insbesondere meine Mutter. Die haben diesen Instinkt in mir geweckt für Gerechtigkeit oder über Arbeit Gerechtigkeit schaffen, Gutes tun. Ich hatte auch das große Glück an sehr guten Schulen und Universitäten lernen und denken zu dürfen. Viel gelesen, Politik studiert, viel mit Philosophie beschäftigt. Hier springt für mich vor allem die Arbeiten von John Rawls heraus. Er sagt dass man nicht davon ausgehen sollte, dass man weiß wie jemand in die Welt geboren wurde (Abwandlung von der Spieltheorie). Man kann selbst vor diesem großen Schleier stehen und mit weniger Chance geboren ist. Wie würde man dann handeln, wie würde man die Welt und sein Umfeld gestalten? Ansonsten ziehe ich viel Inspiration aus meinen Reisen und z.B. meinem Studium der Sozialwissenschaften in Südamerika. Man erkennt, dass die Wirtschaft, Gesellschaft und Juristerei wissenschaftlich noch einmal komplett anders zu betrachten ist und das es nicht nur diese eine Wahrheit gibt. Ich habe in den letzten Jahren viel von den großen Unternehmerpersönlichkeiten gelesen. Sachen von Bill Gates, Elon Mask, Steve Jobs. Ich lese auch sehr viel über die großen Techunternehmen/Unternehmen, weil ich versuche für mich die Zukunft zu verstehen. Hier spanne ich immer den Bogen zu Soulproducts und schaue wie wir als nachhaltige Gang nicht den Anschluss verlieren und wie wir die Entwicklungen für unsere Zwecke nutzen können.

Kannst du mir das Set-up von Soulproducts skizzieren. Wer seid ihr genau, was für Produkte bietet ihr an und wo geht die Reise hin?

Die Soulproducts GmbH vertreibt im Kern die Produkte der Marke Soulbottles und führt seit diesem Jahr auch den Soulincubator durch. Wie haben uns die Firmenvision gegeben: "Alle Menschen handeln und konsumieren gerne sozial, ökologisch und nachhaltig. Sie belasten den Planeten so wenig wie möglich und alle Menschen haben Zugang zu Trinkwasser." Die Geschichte der Trinkflaschen geht auf die beiden Gründer zurück. In Wien an der Uni entstand die Idee. Es gab wenig Alternativen ordentlich und sauber Leitungswasser abzufüllen und dabei noch irgendwie cool auszusehen. Die beiden haben dann irgendwelche Vodkaflaschen durch die Gegend getragen und das sah natürlich besonders unangenehm aus. Dann haben sie Flaschen selbst bemalt und die Farben eingebrannt. Immer mehr Leute haben gefragt wo es die coolen Flaschen zu kaufen gibt. Plötzlich hast du einen Businesscase. Sie sind diese Unternehmung von Anfang an visionär angegangen. Auf der einen Seite treten wir gemeinsam gegen den Plastikmüll an und auf der anderen Seite wollen wir Menschen sensibilisieren dass es sinnbefreit ist, abgefülltes Wasser zu erwerben, welches durch die Gegend gefahren wird und hohe ökologisch Schäden auslöst. Der Standard des europäischen Mineralverkaufswasser ist schlechter kontrolliert als das Wasser, welches man in Deutschland aus der Leitung bekommt. Das ist leider nicht überall auf der Welt so. Unsere Produkte haben deswegen eine bindende Unterstützung von 1 Euro je Produkt. Das ist nicht an Umsatz oder Bedingungen gebunden und wir unterstützen dadurch Trinkwasserprojekte von Viva con Aqua. Für nächstes Jahr haben wir mit Viva con Aqua ein neues Projekt entworfen: "Wash and Soul" - was wir in Sambia durchführen. Da freuen wir uns sehr drauf, es geht hier um Trinkwasserversorgung, Plastikmüllvermeidung, Social Business Inkubation und CO2 Kompensation.
Kernprodukt unserer Marke sind Trinwasserflaschen. Aus Glas hergestellt unter einer sehr nachhaltigen transparenten Lieferkette, faire Bezahlung, Glas, Naturkautschuk, leicht versetzt mit Kreide, Edelstahlgriff und Bügelverschluss aus Keramik. Das ist die sauberste Art wie man Wasser und andere Getränke trinken kann. Es migriert absolut nichts in das eigene Getränk, komplett weichmacherfrei. Diese wunderschönen Flaschen verkaufen wir auch seit diesem Jahr mit Edelstahltrink-Korpusse. „Wir legen sehr viel Wert auf die unternehmerische Power, die Ideen aller Mitarbeiter, für das große Ziel und die Vision einzustehen und sich einsetzen, auch gegen Widerstände, verrückte Sachen auszuprobieren, lieber zu scheitern als es nicht zu versuchen.“

Woher stammen die Ideen für die Trinkflaschen?

Diese wunderschönen Flaschen sind Leinwände für Künstler und Künstlerinnen. Sehr viele Geschichten wurden auf diesen Flaschen schon erzählt. Die Gestalterinnen und Gestalter werden an den Erstumsätzen beteiligt. Daneben haben wir aus dem Team heraus auch schon einige Designs verwendet. Richtig cool ist unsere App die wir gebaut haben, eine Art Hot or Not Designcontest. Hier werden zu bestimmten Themen Motive von unterschiedlichen freien Designer eingereicht. Die Community kann dann immer zwischen zwei Motiven voten und wir bekommen ein sehr schönes Bild was wohl nachgefragt wird. Uns geht es nicht hauptsächlich darum den Absatz zu optimieren aber trotzdem wollen wir natürlich nichts für den Mülleimer produzieren. Im Frühjahr 2021 werden wir zwei Motive zum Thema Anti-Rassismus und Black Lives Matter drucken. Das sind Auftragsarbeiten von Menschen, wo wir das Gefühl haben dass wir nicht für sie sprechen sondern sie selbst sprechen und gestalten lassen.

Du hattest vorhin noch den Soul Incubator erwähnt. Magst du mit uns diese Geschichte teilen?

Der Soul Incubator ist unser zweites Kernprodukt. Wir haben mit Project Together, einer NGO aus Berlin, eine Act on Plastic Challenge gedurchgeführt. Hier haben wir 180 junge Change Maker gecoacht und betreut hinzu Unternehmensgründung und Produkteinführung. Im Fokus stand hier Plastik neu denken, Plastik recyclen, Plastik vermeiden, den Blick der Gesellschaft stärken wo Plastik Sinn macht und wo nicht, die Wahrnehmung von Plastik verändern. In der zweiten Phase konnten 60 Menschen von uns und unseren Partnern, Sponsoren und Investoren Stipendien erhalten, welches vorsieht sie zu fördern und zu coachen. Da sind richtig tolle Projekte entstanden, wir werden sicherlich in das ein oder andere investieren.

Was macht die Menschen besonders mit denen du jeden Tag zusammenarbeitest? Was hat dich dazu veranlasst seit mittlerweile 6 Jahren immer noch ein Teil dieser Unternehmung zu sein?

Sehr tolle Frage. Wir legen sehr viel Wert auf die unternehmerische Power, die Ideen aller Mitarbeiter, für das große Ziel und die Vision einzustehen und sich einsetzen, auch gegen Widerstände, verrückte Sachen auszuprobieren, lieber zu scheitern als es nicht zu versuchen. Das in einem Umfeld wo man wirklich ganz da sein kann, wo man sich auch in seiner Verletzlichkeit zeigen kann. Wo man zusammen Dinge feiern, bedauern, trauern kann, wo man keine Maske aufsetzen muss wenn man zur Arbeit kommt. Wir versuchen auch alle Menschen in gewaltfreier Kommunikation usw. zu schulen und auszubilden. Das ist auch noch ein sehr großer Aspekt. Das sind Menschen die mit mir in den letzten 6 Jahren durch Mini Start-up Krisen gegangen sind, durch eine Corona Task Force Zeit, Menschen die mit mir zusammen den Besitz an diesem Unternehmen übernommen haben, mit mir die Verantwortung eingegangen sind. Natürlich haben mich auch unsere Kundinnen und Kunden, die am Ende des Tages das wichtigste sind überzeugt, die uns mit einer sehr wunderbaren, emphatisch wertschätzende Grundhaltung begegnet.

Worauf können wir uns in naher Zukunft freuen? Was habt ihr in der Pipeline?

Der Incubator läuft mittlerweile und ist sehr aktiv. Wir sind super happy dass die erste Kohorte realisiert werden konnte. Genauso wild freuen wir uns auf die zweite. Datieren können wir aktuell noch nichts. Wir haben neben unserem Büro eine Fläche gebaut für die Incubaties, die Stipendiaten. Davon hatten wir uns natürlich super viel erhofft, voneinander zu lernen, miteinander zu sein, das ganz frische Start-up Feeling reinzubringen. Leider musste hier vieles aufgrund der aktuellen Einschränkungen online stattfinden. Hinsichtlich Produkte konnten wir erfolgreich die doppelwandige Stahlflasche launchen mit einer Thermofunktion. Nächstes Jahr wird die einwandige auf den Markt kommen mit einer krassen Gewichtsreduzierung. Darüber hinaus haben wir noch eine Menge spannende Sachen in der Pipeline über die ich leider noch nicht so viel erzählen kann. Ich kann auf jeden Fall sagen dass wir uns nicht haben bremsen lassen durch die Umstände und fleißig die Entwicklung nach vorne treiben konnten.

Gibt es noch ein Thema über das du noch sprechen magst?

Mir ist es wichtig ,dass die Menschen verstehen dass wir ganzheitlich an einer Wirtschaft arbeiten, dass für uns Gewinne kein Selbstzweck sind sondern Mittel zum Zweck um neue, viel intensivere Trinkwasserprojekte zu starten. Wir versuchen immer mehr Soul products zu entwerfen, welche den Menschen helfen nachhaltiger zu leben. Falls wir es schaffen ein paar Kunden zu Messenger zu machen sind wir super happy.

 

Autor

Blog-Beitrag-Marken-Gedankenaustausch_Dominik_Haselbauer
Dominik Haselbauer
(Dominik ist der strategische Kopf im ThinxGreen Team. Er kümmert sich u.a. um die Unternehmensentwicklung und die Auftritte der Manufakturen.)

Quellen

(1) Dominik Haselbauer